Vom Wahlabend bis zum Bürgermeister

So. Weil immer wieder Nachfragen kommen und ich die gleichen Dinge immer wieder erzählen muss schreibe ich diesen Blog-Beitrag. Es geht um die Zeit (und die Ereignisse, was das betrifft) zwischen der Wahl zum Abgeordnetenhaus/BVV (18.09.2011) und der Wahl des Bürgermeisters in Spandau (02.11.2011).

Ein spannender Zeitraum. Für Spandau. Für die Spandauer Piraten. Und natürlich besonders auch für mich. Apropos, das Nachstehende muss nicht zwingend die Meinung der Fraktion der Spandauer Piraten sein. Es ist vor allem meine Meinung (Emilio Paolini, Vorsitzender der Fraktion der Piraten in der BVV Spandau von Berlin).

Der Wahlabend

Das sensationelle Ergebnis hat alle Piraten in einen taumelnden Schockzustand freudiger Ekstase versetzt. Das war auch gut und richtig so, es musste erst mal gefeiert werden. Und es wurde gefeiert.

Ein langer und kräftezehrender Wahlkampf lag hinter den Piraten. Vor allem wir Spandauer – chronisch unterbesetzt – mussten in der Wahlkampfzeit ganz schön ackern. Danke von hier nochmals an alle die mitgemacht haben. Der 18.09. war ja so der Termin auf den man hingearbeitet hatte. An diesem Abend sollte es passieren. Es sollten Prozente eingefahren werden. Es sollte gefeiert werden. Die anstrengende Zeit sollte vorbei sein. Der letzte Punkt wurde so was von nicht erfüllt …

Noch in der Wahlnacht lief das Telefon heiß. Es kamen Glückwünsche ohne Ende. Die Presse hatte fragen (ja, selbst den BVV-Kandidaten wurden Fragen gestellt ^^). Die Fraktionen der anderen Parteien luden noch in der Nacht ein, sich ihren Wahlparties anzuschliessen. Das habe ich dann auch gemacht. Man feierte schliesslich noch nicht oft einen Wahlerfolg.

Die Zeit danach

Die ersten Tage waren vor allem von zwei Dingen bestimmt. Realisieren, was passiert war. Kommunizieren, was passiert war. Die Presse blieb in den ersten Tagen am Ball, immer wieder gab es Anrufe und Interviews, auch wenn nicht alles gesendet oder gedruckt wurde. Oder ich habe nicht alles wiedergefunden.

Sondierungen

Auch der Dialog mit den anderen Fraktionen entwickelte sich. Es wurden Sondierungsgespräche geführt. Sondierungsgespräche? Etwas, das man sonst nur aus der Presse kannte. Wichtige Leute (oder solche die sich dafür halten) treffen sich mit anderen wichtigen Leuten in irgendwelchen Partei-Zentralen und führen zähe Verhandlungen. Dachte man.

Die Spandauer Piraten trafen sich mehrfach mit den Delegationen der CDU und der SPD. Und weil Piraten nun mal Piraten sind, wurden die Gespräche aufgezeichnet und online gestellt.

Die Gespräche waren spannend, informativ und konstruktiv. Mit beiden Parteien. Erstaunlicherweise wurden viele Übereinstimmungen bzgl. programmatischer Inhalte festgestellt. Es wird sich in der täglichen BVV-Arbeit zeigen, wie weit die Gemeinsamkeiten wirklich gehen …

Organisation

Parallel musste die Fraktion der Piraten sich organisatorisch auf die auf sie zukommenden Aufgaben vorbereiten. Wie „funktioniert“ die BVV? Wie funktionieren Fraktionen in der BVV? Welche Infra-Struktur wird benötigt, welche Hilfen gibt es. Wie sieht es mit den Finanzen aus?

Sehr hilfreich war hier ein mal mehr das Selbstorganisationstalent der Berliner Piraten. Es wurde kurzfristig ein Treffen aller BVV-Verordneten der Piraten organisiert, man tauschte sich aus, schmiedete gemeinsame Pläne und half den „Nachbarn“ wo man konnte. Diese Treffen fanden und finden regelmäßig statt, es gibt gemeinsame Wiki-Seiten, Pads und Mailinglisten. Ja … kommunizieren und organisieren können die Piraten wie kaum jemand anderes.

Konstituierende Fraktionssitzung

Damit die Fraktion der Piraten in Spandau sich überhaupt erst mal so nennen durfte, musste sie sich konstituieren. Ein entsprechendes Event wurde unter Mithilfe Spandauer Piraten geplant und im Bürgersaal des Rathauses durchgeführt. Vorher musste eine Satzung ausgearbeitet und weitere Tagesordnungspunkte abgestimmt werden.

Die Gelegenheit der konstituierenden Fraktionssitzung wurde gleich genutzt, um die anwesende Spandauer Basis über die Ergebnisse der Sondierung zu informieren. Es wurde ein Meinungsbild eingeholt, wie sich die Fraktion der Piraten bei der anstehenden Bürgermeisterwahl verhalten soll.

Die Basis spach sich mehrheitlich dafür aus, Helmut Kleebank und damit die SPD zu unterstützen. Es wurde jedoch auch klar angesprochen, dass dies keine dauerhafte Beziehung sein solle, sondern nur für die Wahl des Bürgermeisters gelte.

Für die weitere Zukunft sollen und werden die Spandauer Piraten von Fall zu Fall erwägen, wie sie sich zu einzelnen Sachfragen positionieren.

Eichhörnchen? Trolle? Häh?

An dieser Stelle – aus Gründen – der Hinweis. Es muss niemandem passen, dass wir die SPD unterstützt haben. Es muss auch niemandem passen, wenn wir die CDU, die GAL oder den LINKEN unterstützen werden – was passieren kann. Es muss auch für Externe nicht logisch oder vernünftig sein, wie sich die Basis der Spandauer Piraten entscheidet. Es ist einfach so, wie es ist. Der einzige Weg, daran was zu ändern, ist Teil der Basis zu werden. Punkt.

Es wurde viel dazu geschrieben. Man sagte, wir hätten „den Wähler getäuscht“. Man sagte, wir hätten „die falsche Wahl“ getroffen. Man sagte, wir hätten „gegen unsere Grundsätze“ verstoßen. Es wurde versucht, diese Aussagen zu belegen. Wir lachten hart. Wir sind offensichtlich in der Politik angekommen und wir bleiben, denn wir fühlen uns wohl. Und egal, was man uns nachsagt, wir werden eines nicht tun: Wir werden nicht unsere Basis enttäuschen.

Lernt, uns zu verstehen. Lernt, was Trolle und Eichhörnchen  sind. Lernt, was das ist:

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Konstituierende BVV und Bürgermeister Wahl in zwei Anläufen

Die BVV mit der Bürgermeisterwahl war wohl für alle beteiligten Piraten ganz großes Kino. Und das nicht einmal, wegen der gescheiterten Wahl des Bürgermeisters. Es war einfach so äusserst beeindruckend, wie sich ein solches „Bezirksparlament“ konstituiert, welche Abläufe und Prozesse es gibt und was man alles dabei berücksichtigen muss.

Ein bleibender Eindruck.

Dass der Bürgermeister erst im zweiten Anlauf – nämlich am 02.11.2011 gewählt wurde – dürfte allgemein bekannt sein. Dies ging ja auch gut durch die Presse. Ich habe öfters gesagt – und muss und möchte es daher auch hier tun – dass ich das Verlassen der BVV-Sitzung durch die Zählgemeinschaft (SPD, GRÜNE) und den Einzelverordneten der LINKEN als einen sehr undemokratischen Akt ansehe. Durch dieses Manöver entzog sich die SPD einer für sie ungünstigen Entscheidung am selben Abend und unterschlug ihren eigenen Abgeordneten das Recht auf eine geheime Wahl – wohl wissend, dass es Abweichler in den eigene Reihen gab.

Wat nu?

Tja, das ist die Frage. Ich sitze gerade in unserem Fraktionsbüro, das haben wir letzte Woche auch noch übernommen. Die FDP ist pünktlich zur konstituierenden BVV ausgezogen. Man hat uns netterweise mit ein wenig Material und Infrastruktur ausgestattet. Wir sind dabei, uns einzufinden. So langsam beginnt die eigentliche Arbeit. Es kommen Bürgeranfragen rein und wollen bearbeitet werden. Täglich kommt ein Stapel totes Holz rein mit Anfragen, Terminen, Informationen, Beschlüssen und weiss der Henker was noch alles dabei ist.

Wird Zeit, dass wir einen Fraktions-Assistenten (m/w/?) bekommen, die Ausschreibung ist veröffentlicht, die Bewerbungsfrist läuft noch.

So, das soll’s erst mal gewesen sein bis hier, more to come …

LG Emilio Paolini

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